Dissens beim Vertragsschluss: Wenn Einigungsmangel herrscht

Was ist ein Dissens?
Ein Dissens liegt vor, wenn sich die Parteien eines Vertrags nicht über alle wesentlichen Punkte einig sind. Es handelt sich um einen Einigungsmangel, bei dem Angebot und Annahme nicht übereinstimmen.
💡 Merke:
- Konsens: Übereinstimmende Willenserklärungen.
- Übereinstimmende Falschbezeichnung: Subjektiv dasselbe gewollt, auch wenn objektiv etwas anderes erklärt wurde.
Totaldissens: Uneinigkeit über die Hauptpunkte
Bedeutung der essentialia negotii
Die essentialia negotii sind die Hauptpunkte eines Vertrags, ohne die ein Vertrag nicht geschlossen werden kann. Dazu zählen etwa:
- Kaufgegenstand und -preis beim Kaufvertrag
- Mietobjekt und -dauer beim Mietvertrag
Rechtsfolgen
Beim Totaldissens herrscht Uneinigkeit über diese wesentlichen Punkte:
- Der Vertrag ist immer nichtig – unabhängig davon, ob der Dissens den Parteien bewusst ist oder nicht.
- Die Regelungen der §§ 154, 155 BGB finden keine Anwendung.
💡 Ausnahme:
Nachträgliche Bestimmungen gemäß §§ 315 ff. BGB sind möglich, wenn die Parteien die Leistungspflichten später festlegen.
Partieller Dissens: Uneinigkeit über Nebenpunkte
Ein partieller Dissens betrifft die accidentialia negotii, also Nebenpunkte eines Vertrags wie Lieferfristen, Zahlungsmodalitäten oder Gewährleistungsvereinbarungen.
Offener Dissens (§ 154 BGB)
Die Parteien wissen, dass sie sich über bestimmte Punkte nicht einig sind.
- Vorrang der Auslegung (§§ 133, 157 BGB): Es wird geprüft, ob der Vertrag trotz Uneinigkeit als geschlossen gilt.
- Im Zweifel gilt § 154 Abs. 1 BGB: Der Vertrag gilt als nicht geschlossen, wenn keine Einigung vorliegt.
💡 Beispiel: Bei einem Kaufvertrag fehlt die Vereinbarung über den Liefertermin. Wenn die Auslegung ergibt, dass der Vertrag auch ohne diese Regelung gewollt war, gilt er als geschlossen.
Versteckter Dissens (§ 155 BGB)
Die Parteien glauben, sich geeinigt zu haben, obwohl dies nicht der Fall ist.
- Der Vertrag gilt in den Punkten als geschlossen, über die eine fehlerfreie Einigung besteht.
- Maßgeblich: Ob die Parteien den Vertrag auch ohne die fehlende Bestimmung geschlossen hätten.
Fazit
Ein Dissens kann einen Vertrag unwirksam machen, wenn er wesentliche Punkte betrifft. Bei Uneinigkeit über Nebenpunkte kommt es auf die Umstände des Einzelfalls und die Auslegung des Vertrags an.
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