Auslegung von Willenserklärungen: §§ 133, 157 BGB erklärt

Die Auslegung von Willenserklärungen ist ein zentrales Thema im Zivilrecht. Sie ist unerlässlich, um den tatsächlichen Willen der Parteien zu ermitteln und Missverständnisse zu vermeiden. Die §§ 133 und 157 BGB bilden die Grundlage für die Auslegungsregeln. Doch wie genau funktioniert die Auslegung, und welche Grundsätze gelten? In diesem Beitrag erkläre ich die wichtigsten Aspekte der Auslegung von Willenserklärungen.
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Die Grundregeln der Auslegung
1. § 133 BGB: Auslegung einer Willenserklärung
Nach § 133 BGB ist bei der Auslegung einer Willenserklärung der wirkliche Wille zu erforschen und nicht am buchstäblichen Sinn des Ausdrucks zu haften. Ziel ist es, den tatsächlichen Willen des Erklärenden zu ermitteln.
Wichtige Punkte:
- Priorität des Willens: Der innere Wille des Erklärenden hat Vorrang vor der äußeren Formulierung.
- Keine isolierte Betrachtung: Die gesamte Erklärung ist im Kontext zu prüfen.
- Objektiver Empfängerhorizont: Auch bei der subjektiven Auslegung spielt der objektive Empfängerhorizont eine Rolle, um sicherzustellen, dass die Erklärung für den Empfänger nachvollziehbar ist.
Beispiel: Wenn jemand sagt, er wolle ein Auto „verkaufen“, aber tatsächlich nur ein Leasingvertrag abschließen möchte, ist der tatsächliche Wille zu erforschen.
2. § 157 BGB: Auslegung von Verträgen
§ 157 BGB regelt die Auslegung von Verträgen. Hierbei ist die Erklärung so zu verstehen, wie sie ein objektiver Dritter unter Berücksichtigung von Treu und Glauben und der Verkehrssitte verstehen würde.
Wichtige Punkte:
- Objektiver Empfängerhorizont: Der Maßstab ist, wie ein verständiger Dritter in der Rolle des Empfängers die Erklärung unter den gegebenen Umständen verstehen würde.
- Berücksichtigung von Treu und Glauben: Die Interessen beider Parteien und die Verkehrssitte spielen eine Rolle.
Beispiel: Bei einem Vertrag über „1000 Stück“ kann der Begriff je nach Branche variieren, etwa bei der Angabe von „Stück“ für Eier oder Ziegelsteine.
Unterschiede zwischen §§ 133 und 157 BGB
- § 133 BGB: Konzentriert sich auf den inneren Willen des Erklärenden, berücksichtigt jedoch den objektiven Empfängerhorizont.
- § 157 BGB: Legt den Fokus auf das objektive Verständnis des Erklärten durch Dritte.
Praktische Anwendung
Die Auslegung erfolgt oft in zwei Schritten:
- Subjektive Auslegung: Prüfung, was der Erklärende tatsächlich meinte (§ 133 BGB), dabei aber immer aus Sicht des objektiven Empfängerhorizonts.
- Objektive Auslegung: Analyse, wie ein objektiver Dritter die Erklärung verstehen würde (§ 157 BGB).
Typische Streitfragen
- Mehrdeutige Begriffe: Wie ist eine Formulierung zu verstehen, wenn sie unterschiedliche Bedeutungen haben kann?
- Fehlende Klarheit: Was passiert, wenn eine Willenserklärung unpräzise oder unvollständig ist?
- Abweichung von Verkehrssitte: Wie ist eine Erklärung zu bewerten, die nicht den üblichen Gepflogenheiten entspricht?
- Objektiver Empfängerhorizont: Wie weit darf der Empfänger die Erklärung im Lichte von Treu und Glauben interpretieren?
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Fazit
Die Auslegung von Willenserklärungen gemäß §§ 133 und 157 BGB basiert wesentlich auf dem objektiven Empfängerhorizont. Er ist der Schlüssel, um sicherzustellen, dass Erklärungen korrekt interpretiert und Missverständnisse vermieden werden. Ein klares Verständnis dieser Normen hilft dir, juristische Streitigkeiten zu lösen und Verträge präzise zu bewerten. Nutze Jurahilfe.de, um dein Wissen über die Auslegung von Willenserklärungen zu vertiefen und deine juristischen Fähigkeiten auszubauen!